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Wādī Naʿām · وادي النعام
GouvernementRotes Meer
Einwohnerzahl
Höhe246 m
Lagekarte von Ägypten
Lagekarte von Ägypten
Wādī Naʿām

Das Wadi en-Naam (arabisch: وادي النعام, Wādī an-Naʿām, auch Wādī Naʿām, Wadi/Ouadi Naham) ist ein Trockental im Rootmeergebirge in der ägyptischen Arabischen Wüste im Norden des ʿElba-Schutzgebiets. Von touristischem Interesse sind hauptsächlich die Landschaften und die Felsbilder in diesem Tal. Diese Felsbilder künden von der Nutzung durch die einheimische Bevölkerung seit der Jungsteinzeit (Neolithikum) und von altägyptischen Karawanen hauptsächlich in griechisch-römischer Zeit, die entweder von Assuan über Biʾr Abraq zu den Rotmeerhäfen wie Berenike oder zu Goldminen in Unternubien (Nord-Etbai/Atbai) unterwegs waren. Ziel oder Ausgangspunkt der Reise waren bzw. sind die Wasserquellen im Umfeld von Biʾr Abraq.

Heutzutage wird das Wādī en-Naʿām sowohl von den einheimischen Ababda-Nomaden als auch von Touristen für die Weiterfahrt zur Nomadensiedlung Biʾr Abraq und über das sich unmittelbar anschließende Wādī Ḥōḍein nach esch-Schalātīn und in das Ḥalāʾib-Dreieck genutzt. Am südlichen Ende des Wadis erreicht man Biʾr Abraq, Wādī Abū Saʿfa und Wādī Diff mit weiteren archäologischen Hinterlassenschaften.

Hintergrund

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Das Wādī en-Naʿām befindet sich im Norden des ʿElba-Schutzgebiets im Rottmeergebirge und beginnt etwa 35km südlich des etwa 280m über Grund hohen (778mNN) Granitfelsens 1 Gebel (Abū) Ṣilāʿī (جبل (أبو) صلاعي, ​Gebel (Abū) Ṣulāʿī) am Zusammenfluss des Wādī el-Fīl (‏وادي الفيل) , des Wādī el-Chiwā (وادي الخوى) und des Wādī Umm Bisilla und endet nach etwa 53km an der Quelle 2 Biʾr Abraq (بئر أبرق‎) .[1] Es führt etwa von Norden nach Südsüdosten und fällt von etwa 400mNN im Norden auf etwa 240mNN im Süden ab. Auf den ersten 6km ist das Wadi mit etwa 300m Breite eher schmal und weitet sich danach auf etwa 1,5–2km und am südlichen Ende auf etwa 3km auf. Später münden in das Tal von Norden nach Süden noch die Wadis 3 el-Kabb el-Aḥmar (الكب الأحمر) , 4 Abū Saiyāl/Sīyāl (وادي أبو سيال) , 5 ʿUrf Umm Arākā , 6 Umm Ǧurūf (وادي أم جروف) , 7 el-ʿArāyis (وادي العرائس) , 8 Umm Quḑaiyāt (وادي أم قضيات) , Umm Sudaidāt (وادي أم سديدات), 9 es-Silsila (وادي السلسلة) , 10 Umm Thaghar (وادي أم ثغر) , 11 Wādī Abraq (وادي أبرق) und 12 Bitān/Beitān (وادي بتان) .

Das Wadi ist flach mit flachen Hügeln, sehr sandig und verfügt nur über wenig Vegetation.

Wādī en-Naʿām (وادي النعام) ist eine arabische Bezeichnung und bedeutet Straußtal. Noch 1979 und 1980 wurden in diesem Tal Strauße gesichtet und gejagt.[2]

Herstellung der Felsbilder

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Die Felsbilder sind allesamt durch Ritzen, Schaben oder Hämmern in den Wüstenlack, eine etwa 0,5 bis 1mm dicke und dunkle Patina auf den darunterliegenden hellen Sandstein, entstanden, wobei sich ein recht guter Kontrast bildet. Der Wüstenlack besteht aus Eisen- und Mangan-Oxiden, die aus dem Inneren der Gesteine als wässrige Lösungen aufsteigen, wobei das Wasser an der Oberfläche verdunstet. Das Wasser stammt aus dem nächtlichen oder frühmorgendlichen Tau.

Das Alter der Felsbilder lässt sich nur schwer abschätzen, wenn nicht die Motive eine zeitlich begrenzte Einordnung ermöglichen, obwohl die Analyse des originären und des auf den Bildern befindlichen Wüstenlacks sich durchaus für eine Datierung eignet.[3] Aus den wenigen Analysen für Felsbilder im Wādī Naʿām lässt sich schließen, dass sich die früheste Anbringung der Felsbilder bis in die Jungsteinzeit und die frühdynastische Zeit zurückverfolgen lässt.[4]

Forschungsgeschichte

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Das Wādī Naʿām wird zwar im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert z.B. von Erastus Sparrow Purdy (1838–1881) 1886,[5] John Ball 1912[1] und Georges Daressy 1922 erwähnt,[6] ohne jedoch auf die Felsbilder im Wadi einzugehen.

Die erste wissenschaftliche Untersuchung zu den hiesigen Felsbildern wurde 1926 von der 8. Deutschen Inner-Afrikanischen Forschungsexpedition durch Leo Frobenius (1873–1938), G. Leisner und dem Zeichner S. Sebba durchgeführt. Die einzige untersuchte Felsbildstelle el-Beida liegt im äußersten Norden auf der Ostseite des Wadis. Die Ergebnisse wurden aber erst 1974 durch Pavel Červíček (1942–2015)[7] veröffentlicht.[8] Zu den dokumentierten Darstellungen gehören Darstellungen von Menschen (u.a. Pferdereiter, mit Speeren), Vögeln (u.a. Strauße), Tieren (u.a. Rinder, Pferde, Kamele), Pflanzen und Symbolen. Vom ägyptischen Antikendienst in Assuan sind Anfang des 21. Jahrhunderts in verschiedenen Wadis, darunter im Wādī Naʿām, Felsbilder untersucht,[4] aber niemals veröffentlicht worden.

Anreise

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Karte
Lageplan des Wādī en-Naʿām

Für die Anreise und für eine Übernachtung im ʿElba-Schutzgebiet selbst benötigt man eine Genehmigung vom Militär und von der Nationalparkverwaltung des Wādī-el-Gimāl-Ḥamāṭa-Nationalparks.

Die Anreise gestaltet sich relativ einfach. In jedem Fall benötigt man für die Anreise ein geländegängiges Allradfahrzeug oder ein Motorrad. Man verlässt die nördlich des Wadis gelegene Aswan-Hala'ib Road (طريق أسوان-حلائب) bei 1 23° 58′ 4″ N 34° 51′ 50″ O nach Süden und passiert den markanten Granitfelsen Gebel (Abū) Ṣilāʿī an seiner Westseite. Nach etwa 35km Fahrt durch die Wüste erreicht man bei 2 23° 43′ 25″ N 34° 45′ 52″ O den nördlichen Zugang zum Wādī Naʿām. Dieses Wadi durchquert man etwa 53km in etwa südsüdöstlicher Richtung bis zu seinem Ende bei Biʾr Abraq .

Alternativ kann die Anreise über das Wādī Ḥōḍein erfolgen, das unmittelbar südlich von 1 esch-Schalātīn beginnt. Man erreicht nach etwa 85km in westlicher und nordwestlicher Richtung Biʾr Abraq, wo das Wādī Ḥōḍein in das Wādī en-Naʿām übergeht.

Mobilität

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Die Piste durch das Wadi lässt sich mit einem geländegängigen Allradfahrzeug oder Motorrad zurücklegen. Der Rest muss zu Fuß erfolgen. Um zu den Felsbildern zu gelangen, muss man teilweise auf die Felsen steigen. Es sollte geeignetes festes Schuhwerk getragen werden.

Sehenswürdigkeiten

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An mehreren Rastplätzen wurden von Einheimischen und Teilnehmern der Karawanen Graffiti an den Felswänden angebracht. Sie befinden sich alle an der Westseite des Wadis, so dass man die Besichtigung am Vormittag durchführen sollte. Diese Stationen befinden sich von Norden nach Süden in etwa 6km Entfernung zwischen den Abzweigen zum Wādī Abū Saiyāl/Sīyāl (وادي أبو سيال) und zum Wādī el-ʿArāyis (وادي العرائس).

Vegetation

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Die Vegetation ist nicht sehr üppig und lebt auch davon, dass es in größeren Jahresabständen immer wieder etwas Regen gibt. Zu den Pflanzen zählen u.a. Schirmakazien, der giftige Oscher (Calotropis procera, Sodomsapfel) und die giftige Koloquinte (Citrullus colocynthis).[9]

Felsbildstation 23° 38′ 0″ N 34° 46′ 56″ O

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Alle Felsbildstationen befinden sich an der Westseite des Wadis. Die hiesige Felsbildstation befindet sich südlich des südlich des Zusammenflusses von Wādī Abū Saiyāl/Sīyāl und ʿUrf Umm Arākā . Zu den Darstellungen an der nördlichsten 1 Felsbildstation gehören vorwiegend Rinder, teilweise mit ihren Kälbern, Menschen, teilweise mit Speer, Strauße und Antilopen.

Felsbildstation 23° 37′ 11″ N 34° 46′ 54″ O

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Nach etwa 1,6km in südlicher Richtung am selben Felsen erreicht man die mittlere 2 Felsbildstation. Zu den Darstellungen gehören Menschen, teilweise auf Reittieren, Strauße, einige Rinder und Kamele. Am Boden gibt es Felsen mit Versteinerungen von Pflanzen, wohl Farnen.

Felsbildstation 23° 35′ 22″ N 34° 47′ 48″ O

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Nach weiteren 4,5km, wobei man ein kleineres Wadi passiert, erreicht man die südlichste 3 Felsbildstation. Zu den Darstellungen gehören Kamel- und Pferdereiter, auch mit Speer, einige Rinder und neuzeitliche arabische Besucherinschriften. Es soll an dieser Stelle auch eine Löwendarstellung geben.

Strauße gehören zu den ältesten Tierdarstellungen seit etwa 3000v.Chr. Pferde sind in Ägypten erst seit dem Neuen Reich, üblicherweise als Zugtier von Streitwagen, bekannt. Die Nutzung als Reittier in den Darstellungen – anfänglich wurden sie ohne Sattel geritten – ist eher später anzusetzen. Ob Pferde- oder Kamelreiter zuerst in den Darstellungen verewigt wurden, lässt sich nicht entscheiden. Bootsdarstellungen wie z.B. in Biʾr Abraq gibt es im Wādī Naʿām wohl keine. Die Motive sprechen dafür, dass sie von Einheimischen wie Herdenführern oder Jägern angebracht wurden.

Nach weiteren etwa 1,5km mündet das Wādī el-ʿArāyis vom Osten her in das Wādī Naʿām.

Küche

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Alle Nahrungsmittel und Getränke, aber auch Geschirr und Kocher, müssen während der gesamten Expedition mitgeführt werden. Da in und auf den Fahrzeugen nicht beliebig viel Platz ist, muss man sich auf das Nötigste beschränken. In jedem Fall muss ausreichend Wasser dabei sein. Man braucht es zum Trinken (Mineralwasser), zur beschränkten Körperpflege, zum Kochen und zum Abwaschen.

Unterkunft

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Übernachtungsplätze bieten sich an geschützten Stellen auf dem Weg vom Gebel Ṣilāʿī zum Nordzugang des Wādī Naʿām oder bei Biʾr Abraq an. Es müssen Zelte mitgebracht werden, und man benötigt etwas Outdoor-Erfahrung, um geeignete windgeschützte und ebene Aufbauplätze zu finden. Meist genügen übliche Outdoor-Zelte, die sandundurchlässig sind. Der Untergrund ist meist sandig, wofür man geeignete Heringe benötigt. Zusätzlich können Zelte z.B. mit Wasserkanistern beschwert werden. An Schlafsäcke werden keine besonderen Anforderungen gestellt, da auch im Winter die Temperaturen kaum unter 0°C fallen.

Gesundheit

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Während der Expedition gibt es keine medizinischen Behandlungsmöglichkeiten. Wenn nötig, führt man einen ausreichend großen Vorrat an Medikamenten mit sich.

An Sonnenschutz ist zu denken. Nötig ist auch warme Kleidung für die Nächte. Pro Tag benötigt man ca. 3 Liter Wasser zum Trinken.

Ausflüge

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Am Ende des Wadis bieten sich natürlich die Besichtigungen der Wadis Abraq, Abū Saʿfa und Diff an, in denen es auch Quellen und Siedlungen gibt. Über das Wādī Ḥōḍein erreicht man nach etwa 85km die Siedlung esch-Schalātīn am Roten Meer.

Einzelnachweise

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  1. 1 2 Ball, John: The geography and geology of South-eastern Egypt. Cairo: Government Press, 1912, S.120–121.
  2. Manlius, Nicolas: The ostrich in Egypt: past and present. In: Journal of Biogeography, ISSN 0305-0270, Bd.28, S.945–953, insbesondere S. 949, doi:10.1046/j.1365-2699.2001.00599.x.
  3. Siehe z.B. Červíček, Pavel: Datierung der nordafrikanischen Felsbilder durch die Patina. In: Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst (IPEK), ISSN 0075-0468, Bd.23 (1970–1973), S.82–87, Tafeln 50–53, doi:10.1515/9783112415528-010.Macholdt, Dorothea S. et al.: Rock varnish on petroglyphs from the Hima region, southwestern Saudi Arabia: Chemical composition, growth rates, and tentative ages. In: The Holocene: an interdisciplinary journal focusing on recent environmental change, ISSN 0959-6836, Bd.29,8 (2019), S.1377–1395, doi:10.1177/0959683619846979.
  4. 1 2 Morenz, Ludwig; Abdelhay Abu Bakr, Mohamed: An ostrich-man and other images from the Neolithic and the Early Dynastic period north of Aswan: Recording rock art in Wadi Naam, Wadi Agebab and some other wadis. In: The rock art of Northern Africa: third international conference; programme. Brüssel: Royal Academy for Overseas Sciences, 2023, S.32; PDF.
  5. Purdy, [Erastus Sparrow]: Une Reconnaissance entre Bérénice et Berber, Expedition Purdy-Colston-Rapport du Colonel Purdy. In: Bulletin de la Société khédiviale de Géographie. 2 ser., Nr.8 (1886), S.431–445, insbesondere S. 432–433, Karte.
  6. Daressy, G[eorges]: Bérénice et el Abraq. In: Annales du Service des Antiquités de l’Egypte (ASAE), Bd.22 (1922), S.169–184, insbesondere S. 177, 181.
  7. Vachala, Břetislav; Varadzinová, Lenka: Pavel Červíček (1942–2015): List of Publications on Rock Art. In: Ägypten und Levante: internationale Zeitschrift für ägyptische Archäologie und deren Nachbargebiete, ISSN 1015-5104, Bd.28 (2018), S.21–24, doi:10.1553/AEundL28s21.
  8. Červíček, Pavel: Felsbilder des Nord-Etbai, Oberägyptens und Unternubiens. Wiesbaden: Steiner, 1974, Ergebnisse der Frobenius-Expeditionen; 16, S.30–32, Abb. 95–108.
  9. Siehe auch: Mahmoud, Tamer: Desert plants of Egypt's Wadi El Gemal National Park. Kairo: The American Univ. in Cairo Press, 2010, ISBN 978-977-416-350-0 (in Englisch).
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